Kirchenglocken aus der frühen Missions- und der Kolonialzeit in Ghana
Kirchenglocken aus der frühen Missions- und der Kolonialzeit Ghanas – bedeutsames Erbe der gemeinsamen deutsch-ghanaischen Geschichte
Laufzeit: seit 2023 Beteiligung des Lehrstuhls am Dachprojekt, seit 2024 Teilprojekt Kirchenglocken
Projektleitung: Prof. Dr. Ute Verstegen
Projektmitarbeit: Birgit Kleefeld
Finanzierung: Deutsches Archäologisches Institut; Eigenmittel
Dachprojekt: “Volta-German Shared Colonial Heritage Project“ (Deutsches Archäologisches Institut; University of Legon, Accra; OTH Regensburg; FAU Erlangen-Nürnberg)
Inhalt und Ziel des Projektes: Dokumentation und Erforschung von Kirchenglocken als Beitrag zum Verständnis des vorkolonialen und kolonialen Erbes der Voltaregion sowie für die Identitätswahrung und das soziale Leben der Gemeinden.
Bericht zur Forschungsreise vom 26. Februar bis 6. März 2024 in die Voltaregion (Ghana)
Team:
Prof. Dr. Ute Verstegen und Doktorandin Birgit Kleefeld (FAU), PD Dr. Jörg Linstädter und Dr. Cornelia Kleinitz (DAI), Dipl.-Ing. (FH) Christian Hartl-Reiter (DAI / KAAK), Kathrin Loges (DAI), M Phil Ernest Fiador (Universität Accra und DAI).
Foto: Christian Hartl-Reiter (2024)
Ziel:
Erforschung und Dokumentation von Kirchenglocken aus der frühen Missions- und der Kolonialzeit, die ein bedeutsames Erbe der gemeinsamen deutsch-ghanaischen Geschichte darstellen.
Vorbereitung der Reise:
Aufgrund der vorangegangenen Internet- und Literaturrecherchen (besonders historische Aufzeichnungen von Missionaren der evangelischen Basler und Norddeutschen Missionen sowie der katholischen Steyler Mission) wurden Tagesrouten zu den vermuteten historischen Glocken in Glockentürmern und Glockenträgern erstellt.
Durchführung der Tagesrouten:
Die Tagesrouten starteten jeweils von Kpandu aus. Ernest Fiador stellte vor Ort den Kontakt zu den lokalen Akteuren (Pfarrern und Pfarrerinnen, Katechisten und Katechistinnen, Lehrern und Lehrerinnen sowie Kirchenältesten und Glöcknern) her. Durch die Kommunikation mit den Verantwortlichen vor Ort (wenn nötig: Simultanübersetzung Ewe-Englisch durch Ernest Fiador) erhielten wir weitere wertvolle Hinweise auf zuvor unbekannte Standorte. Wir ergänzten daraufhin unsere Route um diese Standorte und konnten aus zeitlichen und Entfernungsgründen nicht alle im Vorfeld ausgewählten Glockenträger anfahren.
Dokumentation:
- Glocken (Hersteller, Gussjahr, physische Merkmale, Inschriften, Schlagton und Innenharmonie).
- 3D-Dokumentation einzelner Glocken
- Tonaufnahmen der von Hand geläuteten Glocken.
- Läuteordnungen der Kirchengemeinde: durch Interviews mit den Verantwortlichen vor Ort.
- Erfassung der Standorte der Glockenträger in GIS durch Christian Hartl-Reiter.
Ergebnisse:
- Reiche Vielfalt an historischen Kirchenglocken sowohl in evangelischen als auch katholischen Gemeinden:
- Stahlgussglocken vom Bochumer Verein für Bergbau und Gußstahlfabrikation (B.V.G.), wobei die älteste datierte Glocke aus dem Jahr 1900 stammt.
- Bronzeglocken der Glockengießerei F. Otto in Bremen-Hemelingen (1855 und 1890)
- Dreiergeläut der Firma Kurtz in Stuttgart (1927)
- Glocke (heute als Denkmal in Ho aufgestellt) von Wilhelm Pelargus in Stuttgart (1857), der eigentlich kein Glockengießer, sondern ein Bronzegießer war. Von dieser Glocke wurde ein 3D-Modell angefertigt.
- Die Funde der Bronzeglocken sind umso bedeutender, als dass viele Glocken dieser Zeit und Art in Deutschland aufgrund von Metallspenden während des Ersten und Zweiten Weltkriegs in Deutschland nicht mehr vorhanden sind, in der Voltaregion jedoch nach wie vor läuten.
- Die Glocken läuten nicht nur zu Gottesdiensten, Taufen, Hochzeiten und Begräbnissen, sondern rufen auch zum Schul- oder Arbeitsbeginn, zu Gemeindeversammlungen oder warnen vor Gefahren. Für die christlichen Gemeinschaften spielen die Glocken auch noch heute eine zentrale Rolle, sowohl im alltäglichen Leben als auch in der religiösen Praxis.
Bedeutung der Ergebnisse:
Die dokumentierten Glocken leisten nicht nur einen wertvollen Beitrag zum Verständnis des vorkolonialen und kolonialen Erbes der Voltaregion, sondern unterstreichen auch die fortwährende Bedeutung dieser Artefakte für die Identität und das soziale Leben der Gemeinden. Bei den Glocken handelt es sich um bedeutsame Kulturschätze der gemeinsamen deutsch-ghanaischen Geschichte, die es zu erhalten gilt.
Die Reise war ein wichtiger Beitrag zur wissenschaftlichen Erforschung dieses Kulturguts und ist Basis für weitere Studien.
Ausblick:
Es bleiben offene Fragen bezüglich der Objektbiographien (Wanderung gerade der ältesten Glocken), der Herkunft der Glocken und bis heute verschollener Glocken (z.B. durch Transportverluste). Zudem konnten nicht alle projektierten Routen aufgrund der begrenzten Zeit und der Entfernung von der Unterkunft angefahren werden. Daher soll 2025 eine weitere Forschungsreise in die Voltaregion durchzuführt werden.
Publikationen:
- Kleinitz, Cornelia, Apoh, Wazi, Fiador, Ernest K., Kurapkat, Dietmar, Linstädter, Jörg, Loges, Kathrin, Verstegen, Ute, Zeitler, Annika: Kpando, Volta Region, Ghana. Archaeology and ›Shared Heritage‹ of German Colonialism in Former Togoland. Research in 2022 and 2023, in: e-Forschungsberichte, 2 (2023), S. 1-26. URL: https://doi.org/10.34780/06b8-361b
- Kleinitz, Cornelia, Apoh, Wazi, Fiador, Ernest K., Kurapkat, Dietmar, Linstädter, Jörg, Loges, Kathrin, Verstegen, Ute, Zeitler, Annika: Archäologie und „gemeinsames Erbe“ des deutschen Kolonialismus in Afrika. Das Volta-German Shared Colonial Heritage Project in Ghana, in: Blickpunkt Archäologie H. 2 (2023), S. 109-121.