Was ist Christliche Archäologie?
Wurzeln des Faches
Nachdem man schon im Mittelalter bei Reliquiensuchen immer wieder auf frühchristliche Zeugnisse gestoßen war, erhielt die archäologische Erforschung frühchristlicher Denkmäler wesentliche Impulse im gegenreformatorischen Rom der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Mit der Entdeckung der christlichen Wand- und Deckenmalereien in der Katakombe an der Via Anapo anno 1578 sah sich die katholische Kirche im Besitz eines materiellen Beweises, dass bestimmte Frömmigkeitspraktiken wie Bilderverehrung und Märtyrerkult, die im Vorfeld von den Reformatoren als dem Urchristentum wesensfremd deklariert worden waren, bis in apostolische Zeit zurückreichten. Ob diese Annahme auch heutiger wissenschaftlicher Betrachtung standhält, werden Sie im Laufe des Studiums erfahren.
Christliche Archäologie als wissenschaftliche Disziplin
Den anfänglichen apologetischen Charakter hat das Fach längst verloren. An den Universitäten seit der Mitte des 19. Jahrhunderts etabliert, verblieb es zunächst in den Theologischen Fakultäten, wo es flankierend zur Kirchengeschichte gelehrt wurde. Im Verlauf der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wanderte das Fach an fast allen Standorten in die Philosophischen Fakultäten ab. Nur in Marburg und Erlangen verblieb die jeweilige Professur im theologischen Fächerverband. In Erlangen kommt als Besonderheit hinzu, dass sich das Fach hier nicht – wie andernorts – auf die Kunstzeugnisse der frühchristlichen Jahrhunderte und des byzantinischen Ostens beschränkt, sondern einen bewusst breiten Ansatz pflegt: Dies bietet die Möglichkeit, Phänomene wie beispielsweise die Bilderfrage im Christentum, die Nutzung liturgischer Räume, Rezeptionsphänomene oder die Entwicklung der Sakraltopographie über größere Zeiträume hinweg zu verfolgen und dabei kulturhistorische Veränderungen wahrzunehmen, die sich andernfalls nicht zu erkennen gäben.